Ruhe, möge man meinen, hätten wir in den letzten eineinhalb Jahren ja genug gehabt. Party ist jetzt wieder angesagt, möge man meinen.
Aber man gewöhnt sich auch an die Ruhe, wage ich zu sagen, deshalb bin (zumindest) ich – mehr denn je – auf der Suche nach Orten, wo es diese noch im herkömmlichen Sinn gibt. Also nicht künstlich erzeugte Ruheoasen in der Großstadt, sondern Orte, wo es nichts anderes gibt, als Ruhe.
Einen solchen durften wir kürzlich im schönen Tirol, genauer in Sölden besuchen. Die Gampe Thaya Almwirtschaft – in den Ötztaler Bergen.
Familie Prantl
Der gelernte Zimmermann hat 1981 die auf 2.000 Metern gelegene Almwirtschaft von seinem Vater übernommen und ihm versprochen, diese nicht zu einer Party- & Chichi Almhütte a`la Sölden umzuwandeln. Zusammen mit seiner Frau Daniela, den Kindern und Schwiegerkindern hält er das, auch 40 Jahre später noch so in seiner 300 Jahre alten Thaya (Hütte).
In den Sommermonaten wohnt die Familie mit ihrem Tiroler Grauvieh für 100 Tage auf der Alm und stellt den weltbekannten „Gampe Kaas“ in der selbstgebauten Käserei her. Aber nicht nur Kaas gibt’s hier auf der Alm, das Carpaccio kommt vom hauseigenen Grauvieh-Kalb und auch die Hauswurst ist selbst gemacht vom Tiroler Grauvieh.
Cola, Pommes und Schnitzel sucht man vergeblich und jene Gäste, die damit nicht klar kommen, schickt der gestandene Tiroler (mit der Verdienstmedaille des Landes Tirol für seine Verdienste im Rahmen der Tiroler Landwirtschaft) zum benachbarten Wirt. Recht hat er!
Almwirtschaft & Kulinarik
Ich sag’s gleich, die Almwirtschaft liegt wirklich ruhig, so ruhig, dass allen SUV-fahrenden und pelzbekappten oder Sneakers-beschuhten Möchtegern-Wanderern die Auffahrt verweigert wird, diese ist nämlich nur den Betreibern gestattet. Der Luxus hier muss also per pedes oder mit den Schiern verdient werden.
Mit Luxus meine ich in diesem Fall die bereits eingangs erwähnte Ruhe, gepaart mit Gastfreundschaft der Familie Prantl und jede Menge Köstlichkeiten von und rund um die Almwirtschaft.
Wir haben uns einmal quer durch die Speisekarte probiert und das Carpaccio vom Tiroler Grauvieh, einen gemischten „Spezialteller“ mit Salat, Beiried, Schafskäse und gekochtem Rindfleisch, eine Marende (was auf tirolerisch soviel wie „Jause“ bedeutet) und natürlich einen Kaiserschmarrn gekostet.
Ich kann nur sagen, man schmeckt die Alm. Das Tiroler Grauvieh, das sich sowohl für das Fleisch, als auch für die Milch und den Käse verantwortlich zeigt, darf hier einhundert Tage lang Kräuter und Pflanzen der Almwiesen genießen – und genau das schmeckt man auch. Das Fleisch (in jeder Variante) ist wunderbar zart und hat einen (vermutlich für viele Städter und Supermarkt-Fleisch-Käufer unbekannten) großartigen Eigengeschmack. Gleiches gilt für Butter, Käse und Brot.
Freilich, die Aussicht, die Almluft und auch die Ruhe haben das ihre zum genussvollen Moment beigetragen – und genau darum geht’s doch!
(Nat)Ur Hütte
Die Hütte, die einhundert Tage im Jahr von der Familie Prantl bewohnt wird, steht ab ca. November bis April auch ruhesuchenden Urlaubern als Selbstversorger-Hütte zur Verfügung. Hier oben heißt der Luxus wieder einmal Ruhe, denn ab 17 Uhr ist auch die Gampe Thaya geschlossen und die letzten Urlauber wandern (oder fahren mit den Schiern) talabwärts.
Dann ist es Zeit den Kachelofen einzuheizen, einen Kaiserschmarrn auf dem Holzofen zu kochen und den unglaublichen Blick auf die Sterne zu genießen.
Ganz früh morgens, noch bevor die ersten Schi- und Wandertouristen den Weg auf den Berg finden bietet sich eine Sonnenaufgangs-Wanderung an, die die Schönheit der Ötztaler Alpen offenbart.
Almfrühstück
Für alle Gäste steht auf der Gampe Thaya ein Almfrühstück der Extraklasse zur Verfügung. Serviert werden hauseigene Produkte und jene von umliegenden Bauern. Die Aussicht gibt’s obendrauf!
Fazit
Schon Konfuzius sagte „In der Ruhe liegt die Kraft“. Besser kann man den Ort hier oben nicht beschreiben. Wer auf Skihaserl-Musik, Hütten-Massenabfertigung und Germknödel-Verköstigung pfeift, ist hier richtig. Alle anderen wird Jakob Prantl sowieso zum Nachbar-Wirt schicken.
Eckdaten | |
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Adresse | Almwirtschaft Gampe Thaya Gampe Alm 1 6450 Sölden |
Website | www.gampethaya.at |
Telefon | 43 664 2400 246 oder +43 664 1972 544 |
Öffnungszeiten* | |
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Montag | 08:30 – 17:00* | geschlossen* |
Dienstag | 08:30 – 17:00 |
Mittwoch | 08:30 – 17:00 |
Donnerstag | 08:30 – 17:00 |
Freitag | 08:30 – 17:00 |
Samstag | 08:30 – 17:00 |
Sonntag | 08:30 – 17:00 |
*Winter: ab Öffnung der Piste Nr. 11 (Mitte/Ende November bis Mitte April)
*Sommer: Mitte Juni bis Anfang Oktober (Montag Ruhetag)